Kurbellänge...                   customcranks.de

Die Frage nach der optimalen Kurbellänge...
... trifft ein sehr komplexes Thema - gut für abendfüllende Debatten oder jahrelange Forschungsarbeiten.
Werfen wir stattdessen zunächst einen Blick in die Praxis von Alltagsradlern.
;-) (alle Tage radeln = Alltagsradler)
Nachfolgende Auswertung zeigt, dass manche Radler mit Kurbellängen von durchschnittlich 20,5% Schritthöhe bereits zügig unterwegs sein können.
Die bemerkenswerte Streuung ( 19,5... >22 %) weist aber auch auf individuelle Bevorzugungen von +/- 10mm(!) (Kurzkurbler/Langkurbler) hin.
Fahrer und Kurbellänge
Die deutlich erkennbare Beschränkung aller bisherigen Größen des Radsport auf das marktgängige Kurbellängenintervall von 170-180mm bietet übrigens auch Raum für gewisse "respektarme" Mutmaßungen. Möglicherweise würden manche Namen hier nicht erscheinen, wenn das marktgängige Kurbellängenintervall der Top-Gruppen bei nur 160-170mm gelegen hätte oder es wären wieder andere Namen, wenn es bei 180-190mm gelegen hätte.
Immerhin müssen ja (fast) alle TdF-Teilnehmer sich notwendigerweise erst einmal von Jugend an immer wieder in Wettkämpfen behaupten
und als Jugendsportler bekam oder kaufte man vor 30 oder auch 15 Jahren nicht eben mal schnell einen bzw. mehrere Sätze einzelangefertigter Rennkurbeln für ?XXX $.
Suboptimale Biomechanik - Qualifikationsgrenzen unterschritten - so könnte die Hypothese lauten.
(Ok, hat mich bei meiner Schritthöhe zwar vermutlich um einige Toursiege gebracht - aber  ist ja nun Schnee von gestern ;-)
(PS: hatte den Zusammenhang jedoch schon frühzeitig intuitiv erahnt und bin daher gar niemals erst zu irgend einem offiziellen Rennen angetreten :))



Wichtiger Hinweis bei Kurbelverlängerung: Adaption erforderlich!

Erhebliche Kurbelverlängerung (z.B. um 10...20mm) ermöglicht und erfordert(!) in aller Regel den Aufbau ungenutzter Muskelbereiche.
Besonders betrifft dies die Beinheber im Grenzbereich des oberen "Totpunktes".
Speziell bei gut eintrainierten (d.h. auf dem bisherigen Pedalkreis muskeloptimierten) Radsportlern ist daher anfänglicher (u.U. deutlicher!) LeistungsABfall zu erwarten!
Die muskelaufbauende Adaption - abhängig davon wie erheblich die Kurbelverlängerung ist - benötigt etwas Zeit.
(Dies könnte ein Grund dafür sein, daß einige testbasierte Untersuchungen zu unklaren bzw. widersprüchlichen Ergebnissen kamen)
Möglichem Leistungseinbruch nicht vorzeitig durch übermäßigen Krafteinsatz entgegenwirken! - hierin liegt eine Gefahr!
Während der Adaptionsphase (einige Tage) auf Kniesignale achten und ggf. Belastung vermindern!
Gutes Adaptionstraining ist bei hoher (auch übertriebener) Drehzahl und geringer bis mäßiger Kraft.
Erst wenn "runder Tritt" erreicht ist, wieder volle Leistung geben!
Aufgrund des etwas größeren Bewegungsumfanges dürfte die Bedeutung der Erwärmung zunehmen.

Kurbelverkürzung - unkritisch.
Hier besteht kein Erfordernis für aufbauende Muskeladaption, da der Bewegungsumfang reduziert wird.
(Die nicht (mehr) benötigen Muskelbereiche werden nach einer Zeit rückentwickelt - daraus ergibt sich jedoch kein Problem.)
Erforderlich bleibt die koordinative Adaption.
Abhängig vom Fahrer kann diese innerhalb von Stunden oder gar Minuten erreicht werden.
Sofern die Kurbellänge unter das Optimum sinkt, wird die Leistung abnehmen,
jedoch undramatisch und ohne den bei Verlängerung beobachteten anfänglichen Einbrucheffekt (s.o.).

Zu lang - kritischer als zu kurz
Generell bereitet es kaum ernste Probleme, 20 mm unter seinem Optimum zu kurbeln, während 20 mm über dem Optimum akrobatischen Charakter hat.
Die Leistungsfunktion ist nicht symetrisch zum Optimum sondern fällt bei dessen Überscheitung steiler ab als bei Unterschreitung.


Optimumbereich.
Kurbellänge ist biomechanisch relevant - jedoch kein Wundermittel.
Jeder hat ("irgendwo") sein Optimum (zu einem bestimmten Zeitpunkt [für einen bestimten Zweck ;-])
In der Nähe des Optimums ist jedoch der Einfluß kleiner Abweichungen ebenfalls nur gering.
Die Kurbellänge auf Millimeter genau optimieren zu wollen dürfte daher kaum Sinn machen.
Mitunter berichtete erhebliche Effekte bei Änderungen um nur 2,5mm deuten eher darauf hin,
daß diese Radfahrer sich fern ihres Kurbeloptimums (in der Flanke der Kurbel/Leisungs-Kurve) bewegen.

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Kriterien und Tendenzen bei der Kurbelwahl abhängig von...

...Fahrertyp
  kürzer <= weniger - Sportlich ambitionierter Vielfahrer - mehr => länger

...Disziplin
 Langstrecken/Einzelzeitfahrer => länger
häufiges Anfahren aus dem Stand, Bergfahren => länger
kürzer <= Kriterien
Stundenweltrekorde => länger (aber ohne Gewähr :-)

...Körpermaße
  kürzer <= rel. Langer Unterschenkel || rel. Langer Oberschenkel => länger
 kürzer <= kleiner Fuß || großer Fuß => länger
kürzer <= vollschlank |(Bauch!)| schlank => länger
kürzer <= anliegend Ohren abstehend => länger

...von der Saison (Trainingsform)
kürzer <= Frühjahr || Sommer => länger

...vom Radtyp
SingleSpeed => länger

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Bodenfreiheit
Bei erheblicher Kurbelverlängerung ist u.U. die Verringerung der Bodenfreiheit und durchtretbaren Kurvenschräglage mit zu beachten!
Vergrößerung der Reifenbreite erhöht die Bodenfreiheit und kann den diesbezüglichen Effekt einer Kurbelverlängerung kompensieren.
Nur in seltenen Fällen ist ein Rahmen mit höherer Bodenfreiheit (wie z.B. fast alle Trekkingrahmen) erforderlich.

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Das liebe Knie
Knieprobleme immer ernst nehmen - anstehende TdF ggf. absagen!
Wichtig bei fast allen Knieproblemen ist natürlich das (zumindest zeitweise) Reduzieren der Pedalkraft.
Zum Ausheilen bestimmter (z.B. Meniskus-) Schäden ist ein Pausieren sinnvoll/erforderlich.
Eine Verringerung des Bewegungsumfanges kann u.U. sinnvoll sein. Dazu => Kurbelverkürzung.


Fragen, Hinweise oder Proteste zu oben stehenden Ansichten können Sie uns gern mitteilen.

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